45. Deutscher Psychotherapeutentag – Ampel-Aus verursacht große Sorgen
Am 15. und 16. November versammelten sich die Delegierten der Psychotherapeutenkammern in Berlin zum 45. Deutschen Psychotherapeutentag. Das Programm beinhaltete drängende Themen, von der Qualitätsicherung der Psychotherapie über die Weiterbildungsfinanzierung bis hin zur ungeklärten Lage der psychotherapeutischen Versorgung.
Dr. Andrea Benecke, Präsidentin der Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK), eröffnete die zweitägige Tagung mit einem Grußwort: Die Enttäuschung über die Untätigkeit der Ampelkoalition sei groß. Mit der Aufnahme der Versorgung psychisch kranker Menschen in den Koalitionsvertrag habe Hoffnung auf eine Verbesserung der Situation bestanden. Durch das verzögerte Handeln und insbesondere jetzt nach dem Ampel-Aus, stehe das Thema der psychotherapeutischen Versorgung in der Regierung vorerst nicht mehr auf der Tagesordnung. Mit einem Appell richtete sie sich an die Politiker*innen: “Übernehmen Sie Verantwortung für psychisch kranke Menschen!” Die Krisen der letzten Jahre, Kriege, Pandemie und die Zunahme populistischen Gedankenguts, setzten der Gesellschaft, besonders Kindern und Jugendlichen, immens zu – heute sei psychotherapeutische Versorgung notwendiger denn je. In dieser Zeit sei es ausschlaggebend, weiterhin Druck auf die Regierung auszuüben und sich fortgehend für Aufklärung, demokratische Werte und konstruktiven Austausch im psychotherapeutischen Bereich einzusetzen. Auch richtete sich die Präsidentin an den Berufsstand und betonte dessen Verantwortung gegenüber dem psychotherapeutischen Nachwuchs sowie den notleidenden Menschen, die auf ihren Einsatz angewiesen seien.
Der erste Versammlungstag wurde fortgesetzt mit zwei externen Vorträgen über den aktuellen Stand in der Gesundheitsversorgung psychisch kranker Menschen. Im Vordergrund stand die Weiterentwicklung der ambulanten und stationären Versorgung und die Herausforderungen, die sich aufgrund von fehlenden Gesetzgebungen in den letzten Jahre gebildet haben. Prof. Josef Hecken, unparteiischer Vorsitzender des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), hielt einen Vortrag mit dem Titel “Gestaltung der psychotherapeutischen Versorgung – Herausforderungen für die gemeinsamen Selbstverwaltung”. Im Anschluss stellte Prof. Dr. med. Tom Bschor, Leiter und Koordinator der Regierungskommission Krankenhausversorgung, Möglichkeiten der Weiterentwicklung der Krankenhausversorgung für psychisch erkrankte Patient*innen vor.
Die Finanzierung der Weiterbildung stellte wieder einen wichtigen Punkt in der Tagesordnung dar. Trotz andauernder Verzögerung habe es im letzten Monat Entwicklungen in der Gesamtsituation gegeben. Während der Anhörung vom 13. November habe es großen Zuspruch der Parlamentarier für die vermittelten zentralen Punkte und Lösungsvorschläge gegeben. Eine Prüfung dieser Lösungen durch das Bundesgesundheitsministerium stehe nun an, der Bundesrat habe die Forderungen jedoch unterstützt. Bis eine Neuregelung eintritt, soll weiter Druck auf die Regierung ausgeübt werden. Sophie Hartmann, Psychologiestudentin, vertrat bei der Versammlung die Studenteninitiative Psychologischen-Fachschaft-Konferenz (PsyFaKo) und forderte eine Fortsetzung des Kampfes für die Finanzierung der Weiterbildung. Dr. Benecke pflichtete dem bei, dass die Gespräche mit den demokratischen Parteien nahtlos weitergehen müssten. Dabei müssten vor allem die Zahl der Studienplätze in den Blick genommen werden.
In Bezug auf die Weiterbildungsordnung wurden zwei Anträge mit Abstimmungsmehrheit übernommen. Zum einen soll zukünftig eine Bereichsweiterbildung berufsbegleitend möglich sein. In dem Zusammenhang stimmte die Mehrheit der Delegierten für das Streichen der Mindestweiterbildungszeit.
Weitere diskutierte Themen des DPT beliefen sich auf die Gebührenordnung für Psychotherapeut*innen (GOP), dem Jahresabschluss zum Haushaltsjahr 2023, im gleichen Zuge den BPtK-Haushaltsplan 2025 sowie der Satzungsänderung der BPtK.
Resolutionen
Der 45. Deutsche Psychotherapeutentag in Berlin hat am 15. und 16. November 2024 folgende Resolutionen verabschiedet:
- Keine Pseudo-Qualitätssicherung, keine zusätzliche Bürokratie! Gesetzlichen Auftrag für das QS-Verfahren Ambulante Psychotherapie streichen!
- Wahltaktische Interessen überwinden: Maßnahmen für psychisch gesundes Aufwachsen und Kinderschutz prioritär behandeln und jetzt umsetzen!
- Gleichstellung voranbringen! – Mutterschutzleistungen für selbstständige Psychotherapeutinnen schaffen!
- Psychisch erkrankte Menschen brauchen jetzt Reformen!
- Psychosoziale Versorgung – Kahlschlag verhindern
- Für Vielfalt und Respekt: Gesellschaftlichen Zusammenhalt und psychische Gesundheit stärken
Diotima-Ehrenpreis der BPtK
Trotz der düsteren politischen Aussichten, gab es im Rahmen des DPT auch Grund zu feiern - ganz besonders zwei verdiente Personen: Auch in diesem Jahr verlieh die Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) am Vorabend der Versammlung (14. November) den jährlichen Diotima-Ehrenpreis der deutschen Psychotherapeutenschaft. Seit 2009 bereits wird der Preis für die Ehrung besonderen berufspolitischen oder wissenschaftlichen Engagements im psychotherapeutischen Bereich vergeben. In diesem Jahr erhielt Peter Lehndorfer (KJP Bayern) den Diotima-Ehrenpreis für sein jahrelanges Engagement im Bundeskammervorstand und seinen unermüdlichen Einsatz für die Kinder- und Jugendpsychotherapie. Mit der zweiten Verleihung wurde Prof. Dr. Silvia Schneider (Ruhr-Universität Bochum) für ihren ausschlaggebenden Beitrag für die evidenzbasierte Kinder- und Jugendpsychotherapie in Forschung und Ausbildung geehrt.