Gewalt gegen Lehrkräfte nimmt zu – Besondere Herausforderung für Psychotherapie

28.09.2020 | Kategorien: |

Immer mehr Schulleiter und Schulleiterinnen melden Gewalt, Belästigung oder Mobbing gegenüber Lehrkräften.

Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) berichtet in einer aktuellen Studie davon, dass Gewalt, Belästigungen und Mobbing gegenüber Lehrkräften in Deutschland in den letzten Jahren zugenommen hat. 61 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden Schulleiter und Schulleiterinnen gab an, dass in den vergangenen fünf Jahren Lehrkräfte beschimpft, bedroht, beleidigt, gemobbt oder belästigt wurden. In der inhaltlich gleichen Studie vor zwei Jahren hatten das noch 48 Prozent der Schulleitungen bejaht. Beängstigend sind die Ausmaße und die zunehmende Verrohung an Schulen. An 34 Prozent der Schulen gab es Fälle körperlicher Gewalt gegenüber Lehrkräften - vor zwei Jahren waren es noch 26 Prozent. Immer mehr in den Fokus rückt das Thema Cybermobbing - also die Diffamierung etwa via Internet oder in Schüler-Whatsapp-Gruppen.

Lehrerinnen und Lehrer haben ein hohes Risiko, psychisch zu erkranken. Die Berufsgruppe weist außerdem einige Besonderheiten auf, die eine rechtzeitige Erkennung und Behandlung erschweren. Zunächst sind äußere Umstände zu nennen. Sie finden im Alltag häufig kaum Unterstützung. Es existieren selten Hilfsangebote und Prävention findet praktisch nicht statt. In der Schule sind sie immer von größeren Menschengruppen umgeben. Raum und Zeit für Rückzugsmöglichkeiten gibt es nicht.

Hinzu kommt, dass viele Lehrerinnen und Lehrer die Einstellung haben, "funktionieren" zu müssen und eigene Probleme ausblenden. Das führt sie in höherem Maße als andere Berufsgruppen an die Grenze ihrer Belastbarkeit und darüber hinaus. In der Folge nehmen sie auch sehr viel später - oder schlimmstenfalls gar nicht - psychotherapeutische Hilfe in Anspruch.

Der Mangel an Lehrkräften ist schon sehr hoch und weitere Ausfälle kann sich Deutschland nicht leisten. Insofern muss dem Phänomen wesentlich mehr Beachtung zukommen als bisher. Außerdem müssen mehr Präventivmaßnahmen etabliert werden - zum einen auf Schülerseite, um Gewalt, Mobbing und Beästigung vorzubeugen. Auf der anderen Seite für die Lehrkräfte selbst, die Unterstützung von Sozialarbeitern und Schulpsychologen bekommen müssen. Auch an die Schaffung veränderter Arbeitsumstände muss gedacht werden.

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