Komplexversorgung – Optimierungspotenzial vorhanden

30.11.2021 | Kategorie:

Der G-BA hat am 2. September 2021 nach langen Verhandlungen die Richtlinie über die berufsgruppenübergreifende, koordinierte und strukturierte Versorgung insbesondere für schwer psychisch kranke Versicherte mit komplexem psychiatrischen oder psychotherapeutischen Behandlungsbedarf (KSVPsych-RL) beschlossen.

Ein solches Netzwerk soll aus mindestens zehn Leistungserbringer*innen bestehen, mindestens vier Fachärzt*innen für Psychiatrie und psychosomatische Medizin und vier ärztliche oder psychologische Psychotherapeut*innen. Voraussetzung ist weiterhin ein Netzwerkbundvertrag mit einem entsprechenden Krankenhaus . Zusätzlich müssen Fachkräfte aus der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege, der Ergotherapie oder der Soziotherapie einem Netzwerk zugeordnet werden. Die Fallverantwortung tragen Bezugsärzt*innen oder -therapeut*innen, die hauptverantwortlich für den Gesamtbehandlungsplan sind. Die Koordination soll von Personen übernommen werden, die weder dem Ärztebereich noch dem Psychotherapeutenbereich angehören. Das Netzwerk meldet an die zuständige KV welche Personen am Netzwerkverbund teilnehmen. Die KV führt ein öffentliches Verzeichnis über diese Netzwerke führt.

Prinzipiell begrüßt die PTK Hessen eine solche Richtlinie, die Netzwerkverbünde zwischen Leistungserbringer*innen schaffen soll. Allerdings besteht noch Optimierungspotenzial: Insbesondere plädiert die PTK Hessen für die Integration von Kolleg*innen mit halbem Versorgungsauftrag, die nach aktuellem Stand ausgeschlossen sind. In Hessen betrifft dies über die Hälfte aller Praxen. Ebenso plädiert die PTK Hessen dafür, unnötige Doppeluntersuchungen zu vermeiden. Diese werden dadurch verursacht, dass laut Richtlinie Patient*innen, bei denen eine Eingangsuntersuchung durch Psychologische Psychotherapeut*innen stattfand, zusätzlich an einer differentialdiagnostischen Abklärung bei einem/einer Fachärzt*in teilnehmen müssen. Weiterhin wird die Wahlfreiheit der Patient*innen dadurch eingeschränkt, dass unter bestimmten Bedingungen (Somatische Hauptdiagnose, Behandlung von somatischen Komorbiditäten, die ärztlicher Behandlung bedürfen; begleitende psychopharmakologische Behandlung, die einer regelmäßigen Dosierungsanpassung bedürfen) die Bezugsperson nur ein*e Fachärzt*in sein darf. Weiterhin sollten Koordinierungsleistungen nicht zwangsdelegiert werden müssen. Es gibt Regionen, in denen es weder Soziotherapeuten noch ausreichend Ergotherapeuten gibt. Die Vorgaben der Netzwerkgrößen müssen Spielräume für ländliche und strukturschwache Regionen berücksichtigen.

Im Rahmen des Deutschen Psychotherapeutentag wurde eine entsprechende Resolution verabschiedet, die durch die PTK Hessen im Rahmen der vergangenen Delegiertenversammlung auch auf Landesebene beschlossen wurde. Außerdem hat die BPtK die Richtlinie aus diesen Gründen beim Bundesgesundheitsministerium beanstandet.

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