Mit überwältigender Mehrheit hat die Delegiertenversammlung der Psychotherapeutenkammer Hessen auf ihrer letzten Sitzung am 26. Juni 2021 die Aufnahme der Weiterbildung Sozialmedizin in die hessische Weiterbildungsordnung (WBO) beschlossen. Die Delegiertenversammlung folgt damit der Musterweiterbildungsordnung, die den Bereich „Sozialmedizin“ ebenfalls vorsieht.
Die Zusatzweiterbildung Sozialmedizin umfasst die Bewertung von Art und Umfang gesundheitlicher Störungen, bei denen Psychotherapie indiziert ist, und deren Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit und die Teilhabe an Lebensbereichen. Dabei werden auch die Wechselwirkungen zwischen Krankheit, Gesundheit, Individuum und Gesellschaft sowie deren Einordnung in die Rahmenbedingungen der sozialen Sicherungssysteme berücksichtigt und die diesbezügliche Beratung der Sozialleistungsträger einbezogen.
Die Weiterbildung umfasst mindestens 320 Stunden theoretische Weiterbildung, mindestens 18 Stunden Supervision, mindestens 60 Leistungspunkte aus Begutachtungen zu sozialmedizinischen Fragestellungen und mindestens 6 Begehungen von Einrichtungen. Außerdem muss eine eintägige Teilnahme an öffentlichen Sitzungen beim Sozialgericht oder Landessozialgericht nachgewiesen werden. Der praktische Teil der Weiterbildung findet an von der Kammer anerkannten Weiterbildungseinrichtungen statt, d.h. in Einrichtungen, in denen ein breites Spektrum von Störungen, bei denen Psychotherapie indiziert ist, im sozialmedizinischen Zusammenhang beurteilt wird.
Die Dauer der Weiterbildung erstreckt sich über einen Zeitraum von mindestens 18 Monaten.
Die Weiterbildungsordnung tritt mit der Genehmigung durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration und der Veröffentlichung in Kraft.
Resolutionen der Delegiertenversammlung am 26.6.2021
„Keine Risiken für Patient*Innen und Kolleg*innen durch Digitale Gesundheitsanwendungen
Einstimmig beschloss die Delegiertenversammlung eine Resolution zu Digitalen Gesundheitsanwendungen (DIGA), in der sie ihre Sorge über die vom Gesetzgeber forcierte Implementierung von Digitalen Gesundheitsanwendungen (DIGA) in der psychotherapeutischen Versorgung durch das Digitale-Versorgung-Gesetz (DVG) und das Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) zum Ausdruck bringt. Wichtige Aspekte der Patient*innensicherheit wurden außer Acht gelassen: hier muss dringend nachgebessert werden!
Den Text der Resolution finden Sie hier
„Klimawandel ist Gesundheitsschutz“
Die Delegiertenversammlung beschloss ebenfalls mit großer Mehrheit eine Resolution zum Klimaschutz. Hintergrund ist der Klimawandel und die damit verbundenen, wissenschaftlich belegten existentiellen Risiken können zu einer Vielzahl belastender Emotionen führen. So wie der Klimawandel bereits Konsequenzen für die körperliche Gesundheit hat und vermehrt haben wird, so wird es auch zu erheblichen psychischen Belastungsreaktionen kommen, wie es die American Psychological Association (APA) bereits jetzt beschreibt. Davon werden auch die Heilberufe selbst nicht ausgenommen sein.
Psychotherapie und Psychotherapeut*innen nehmen nicht nur individuelle Störungen in ihren Fokus, sondern auch Disruptionen der Gesellschaft. Gerade in der Klimadiskussion stehen persönliche Verhaltensweisen und Einstellungen und gesellschaftliche Verhältnisse in Beziehung miteinander. Daher ist es unsere berufsethische Verpflichtung, gesellschaftliche Strukturen und Entwicklungen anzumahnen, die Einfluss auf die psychische Gesundheit von Menschen haben.
Die Psychotherapeutenkammer Hessen begrüßt und unterstützt das Engagement und die Aktivitäten aller Kolleg*innen, die sich für den Klimaschutz engagieren und entwickelt eine Nachhaltigkeitsstrategie.
Den Text der Resolution finden Sie hier