"Psychotherapeut*innen in Gerichtsverhandlungen"
Bericht zur Online-Fortbildung
Anfang November veranstaltete die Psychotherapeutenkammer Hessen eine Fortbildung zum Thema "Psychotherapeut*innen in Gerichtsverhandlungen". Das Online-Seminar wurde von Vorstandsmitglied Prof. Dr. Rudolf Stark moderiert. Expertin des Abends war Katharina Vogtmeier, Fachanwältin für Medizinrecht bei D+B Rechtsanwälte. Inhaltlich lag der Fokus auf der Rolle von Psychotherapeut*innen als Zeug*innen, sachverständige Zeug*innen und Gutachter*innen im juristischen Kontext. Die Veranstaltung fand mit knapp 120 Teilnehmenden großen Anklang und beleuchtete die Herausforderungen und Pflichten, die mit dieser Rolle verbunden sind.
Unsicherheiten und rechtliche Rahmenbedingungen
Einleitend wurde die wachsende Häufigkeit betont, mit der Psychotherapeut*innen in rechtliche Prozesse einbezogen werden – sei es durch die Anforderung von Akten, mündliche Aussagen oder die Erstellung von Gutachten. Diese Einbindungen sind oft mit Unsicherheiten verbunden, etwa zur Schweigepflicht, Aussagepflicht oder Entschädigung bei Verdienstausfall. Katharina Vogtmeier vermittelte den Teilnehmer*innen grundlegende juristische Einblicke in den Ablauf deutscher Gerichtsverfahren und erläuterte den Aufbau der deutschen Gerichtsbarkeit, um ein besseres Verständnis der Verfahrensabläufe zu fördern.
Rechte und Pflichten im Gerichtssaal
Im weiteren Verlauf wurden spezifische Rechte und Pflichten von Psychotherapeut*innen als Zeug*innen detailliert behandelt. Die rechtliche Grundlage, u.a. das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 StPO, ermöglicht Psychotherapeut*innen, Aussagen zu verweigern, solange keine Entbindung von der Schweigepflicht durch den*die Patient*in vorliegt. Die Referentin wies auf die Wichtigkeit hin, eine solche Entbindung schriftlich zu dokumentieren. Besonders anspruchsvoll seien Fälle, in denen Psychotherapeut*innen als sachverständige Zeug*innen oder Gutachter*innen auftreten. Während Zeug*innen rein beobachtende Sachverhalte berichten, sind Sachverständige dazu verpflichtet, eine professionelle und unabhängige Bewertung abzugeben. In der Diskussion betonte Vogtmeier, dass die duale Rolle als behandelnde Psychotherapeut*in und Gutachter*in problematisch sein kann und klare Abgrenzungen zwischen Therapie und Gutachtertätigkeit erforderlich sind, um Interessenskonflikte zu vermeiden.
Praktische Tipps und Entschädigung
Abschließend erhielten die Teilnehmer*innen praxisorientierte Hinweise für den Umgang mit Gerichtsanfragen. Wichtig sei, frühzeitig zu prüfen, ob eine Ladung oder ein Gutachtenauftrag in das eigene Fachgebiet fällt und ob eine Teilnahme möglich ist. Auch die Entschädigungsregelungen nach dem Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) wurden erläutert. So werden etwa Fahrtkosten, Verdienstausfall und Zeitaufwand vergütet, wobei die Aufwandsentschädigung je nach Tätigkeit variiert.
Die Veranstaltung lieferte wertvolle Einblicke und Hilfestellungen für den beruflichen Alltag von Psychotherapeut*innen, die zunehmend vor der Herausforderung stehen, ihre therapeutische Tätigkeit mit den Anforderungen des Rechtssystems in Einklang zu bringen.