Gemeinsame Wege in der Gesundheitsvorsorge

22.08.2019 | Kategorien: | |

excerpt

Heilberufekammern in Hessen thematisieren Gesundheit von Mensch und Tier

Wiesbaden / Frankfurt. Die Schicksale von Mensch und Tier sind auf vielfältige Weise miteinander verknüpft: Für eine umfassende und nachhaltige Gesundheitsvorsorge ist die enge Zusammenarbeit von Human- und Tiermedizinern sowie weiteren Gesundheitsexperten erforderlich. Die Hintergründe, Ursachen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen waren Thema des Sommerempfangs 2019 des Bündnisses heilen & helfen, der mit etwa 230 Gästen aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien in Wiesbaden gut besucht war. Auch Präsidium, Vorstand und Delegierte der Psychotherapeutenkammer Hessen nutzten die Gelegenheit, sich am Rande des Sommerempfanges mit unterschiedlichen Gesprächspartnern aus Landespolitik, Ministerien, Behörden und der Gesundheitswirtschaft über aktuelle Entwicklungen und Reform-Planungen auszutauschen.
 

Im Gespräch beim Sommerempfang 2019: Staatsminister Kai Klose, Hessens Landesärztekammer-Präsident Dr. Edgar Pinkowski und die Präsidentin der Psychotherapeutenkammer Hessen, Dr. Heike Winter.

Zunächst würdigte Kai Klose, Hessens Minister für Soziales und Integration, in einem Grußwort das Anliegen des Heilberufe-Bündnisses, sich gemeinsam für eine hochwertige und flächendeckende Versorgung der Patientinnen und Patienten einzusetzen. Er hob hervor, dass dieses Ziel unter regionalen Aspekten anzugehen sei und die Versorgung und Expertise vor Ort erhalten und gestärkt werden müssten. Vor diesem Hintergrund seien „zentralistische Vorgaben aus Berlin“ mit Sorge zu betrachten. Der Minister sprach weiterhin die Digitalisierung im Gesundheitswesen an, die dazu beitragen könne, regionale Lücken in der Versorgung zu schliessen. Die Datensicherheit müsse allerdings gewährleistet sein.

Dr. Ingo Stammberger, Präsident der Landestierärztekammer Hessen, führte in das Hauptthema ein und legte dar, dass Antibiotikaresistenzen oder Bedrohungen durch neuartige Erreger den Zusammenhang zwischen der Gesundheit von Mensch und Tier auf brisante Weise verdeutlichten. Die Ursachen für Antibiotikaresistenzen seien allerdings multikausal und nicht nur in der Anwendung bei Nutztieren zu suchen. Tiergesundheit und eine tiergerechte Haltung stellten jedoch die Voraussetzungen für gesunde Lebensmittel dar und seien damit elementar für den Verbraucherschutz.

„One-Health-Strategien": Gemeinsame Wege in der Gesundheitsvorsorge?

Der Hauptredner des Sommerempfangs, der Veterinärmediziner und Mikrobiologe Prof. Dr. Dr. Andreas Hensel, Präsident des Bundesinstituts für Risikobewertung in Berlin, ging in seinem Vortrag „One-Health-Strategien: Gemeinsame Wege in der Gesundheitsvorsorge?“ auf die aktuellen Bestrebungen hin zu einer engeren Zusammenarbeit von Human- und Tiermedizinern im Bereich der öffentlichen Gesundheitsvorsorge und Hygiene ein. Der Begriff „One Health – eine Gesundheit“ beschreibe diese Bestrebungen. Hintergrund seien Wechselwirkungen und zunehmende Vernetzung zwischen diesen Feldern. So könnten 60 Prozent aller Krankheitserreger sowohl Menschen als auch Tiere infizieren und viele Erreger könnten vom Tier auf den Menschen oder umgekehrt übertragen werden. Bestandteil des Entwicklungszyklusses praktisch aller epidemischen Infektionskrankheiten des Menschen sei ein tierisches Reservoir – oft Mücken (z. B. bei Malaria) oder Wasserschnecken. Dadurch werde ihre dauerhafte Elimination erschwert bis unmöglich gemacht.

 

One-Health-Strategien: Thema des unterhaltsamen Gastvortrages von Prof. Andreas Hensel vom Bundesinstitut für Risikobewertung (rechts).

Häufig sei der Mensch auch nur Fehlwirt, wie etwa bei Toxoplasmen, einzelligen Parasiten, die vor allem Katzen befallen, oder beim Fuchsbandwurm. Hinsichtlich des Einsatzes von Antibiotika stellte Prof. Hensel dar, dass Tierärzte diese Substanzen, die zu den „mächtigsten Schwertern im Einsatz gegen Krankheiten“ zählten, bereits seit dem Jahr 2000 anhand einer Leitlinie einsetzen. So sei es ein Kunstfehler, in einem Nutztierbestand Antibiotika „auf Verdacht“ anzuwenden, also ohne zuvor ein Antibiogramm zu erstellen. Diese und andere Maßnahmen hätten zu einem starken Rück-gang des Einsatzes von Antibiotika bei Tieren geführt.

Weiterhin ging Prof. Hensel auf die Tätigkeit des Bundesinstituts ür Risikobewertung (BfR) ein, das gesundheitliche Risken aufspürt und bewertet sowie Empfehlungen zur Risikobegrenzung erarbeitet. Dies betrifft z. B. die Lebensmittelsicherheit sowie auch die Sicherheit von Futtermitteln und Chemikalien. Auf anschauliche Weise und anhand vieler Beispiele stellte er den Unterschied zwischen Gefahr und Risiko dar. So seien z. B. die Dauer und die Dosis der Exposition einer Substanz entscheidend für das Risiko. Eine weitere Aufgabe des BfR sei es, Verbrauchertäuschung durch Lebensmittelbetrug nachzuweisen, so etwa falsche Deklarierungen von Fleisch oder Olivenöl. Jedoch sei die Lebensmitteltäuschung „so alt wie das Lebensmittel selbst“ und bereits in früheren Jahrhunderten sei z. B. Wein gepanscht und Butter mit Rübensaft gefärbt worden.

Das Schlusswort sprach Ursula Funke, Präsidentin der Landesapothekerkammer Hessen. Sie ging auf die Gesundheitspolitik auf Landesebene ein und sagte zu, sich mit den anderen Heilberufen für eine bestmögliche Versorgung vor Ort einzusetzen. Dazu erwarte sie allerdings von der Politik einen entsprechenden Rahmen. Deutschland habe eines der besten Gesundheitssysteme weltweit, dies gelte es weiterzuentwickeln. (h&h)

Unterhaltsamer Gastvortrag beim Sommerempfang der Heilberufekammern (Bündnis "heilen & helfen") in Hessen - im Opelbad auf dem Neroberg.

Sommerempfang in Wiesbaden: Rund 230 Gäste mit Gesundheitspolitik-Interesse(n) folgten der Einladung der hessischen Heilberufekammern.

Im Dialog beim Sommerempfang 2019: Else Döring, Vizepräsidentin  der Psychotherapeutenkammer Hessen mit Christiane Böhm (MdL), der Gesundheitspolitik-Sprecherin der Landtagsfraktion "Die Linke".

off