Voller Saal trotz tropischer Hitze – 12. Hessischer Psychotherapeutentag

14.07.2023 | Kategorie:

Danke an die Referent*innen und unsere Mitglieder für einen gelungenen 12. Hessischen Psychotherapeutentag.

12. Hessischer Psychotherapeutentag Hessen

Trotz tropischer Temperaturen, war der 12. Hessische Psychotherapeutentag mit insgesamt rund 300 Teilnehmer*innen ein voller Erfolg! Danke an alle Gäste und Referent*innen!

Anfang Juli hatte das Warten ein Ende: Nach langer Pandemiepause konnten wir 2023 endlich wieder gemeinsam mit unseren Mitgliedern den Hessischen Psychotherapeutentag (HPT) erleben.  Zwei Tage lang fand der 12. HPT auf dem Campus Westend der Goethe Universität in Frankfurt statt. Das Fazit: Ein voller Erfolg! Vorträge, Diskussionsrunden, Ehrungen, Festvortrag, Workshops, Get Together sorgten für ein rundes Programm.

Steigende Belastung in Krisenzeiten

Corona, Krieg und Klimakrise haben in den vergangenen drei Jahren zu anhaltender Belastung geführt. Dabei gab es einerseits massive Einschränkungen und große Herausforderungen in Schule und Arbeitsalltag, andererseits hohe psychische Belastungen einhergehend mit Ängsten und Sorgen bei uns allen. Deshalb drehte sich der diesjährige Hessische Psychotherapeutentag um das Thema "Psychotherapie in Krisenzeiten – Resilienz und Aktivierung von Ressourcen".

Vorveranstaltungen für Nachwuchs und Angestellte

Am Freitagnachmittag konnten sich Neuapprobierte und Psychotherapeut*innen in Ausbildung über "Wege zur Zulassung – wie bekomme ich einen Kassensitz" informieren. Vorstandsmitglied Sabine Wald und Delegierter Florian Kaiser boten gemeinsam eine Veranstaltung für den Nachwuchs an und standen nach einem umfangreichen Vortrag Rede und Antwort. Parallel hatten angestellte Mitglieder die Möglichkeit, mit Vorstandsmitglied Karl-Wilhelm Höffler und Delegierter Karen Cornils-Harries zu "Psychotherapeutischen und psychoedukativen Gruppenangebote" ins Gespräch zu kommen.

Am Abend wurde die Veranstaltung mit einer feierlichen Begrüßung von Kammerpräsidentin Dr. Heike Winter eröffnet. Trotz Hitzewelle füllte sich der Saal, darunter auch hessische Politiker*innen, Christiane Böhm (Die LINKE) und Yanki Pürsün (FDP). In ihrer Ansprache brachte Frau Dr. Winter die besorgniserregende Situation um die psychische Gesundheit in Deutschland zur Sprache: „Psychische Erkrankungen gehören heute zu den häufigsten Erkrankungen, mit der höchsten Anzahl an Fehltagen und den frühesten Frühberentungen in Deutschland. Alarmierend ist auch die Zunahme psychischer Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen infolge der Pandemie.“ Diese Entwicklung nehme der Kammervorstand zum Anlass sich noch stärker für die Versorgung einzusetzen.

Anne Janz, Hessische Staatssekretärin für Integration und Soziales war mit einer Videobotschaft vertreten. Darin sprach Sie die gestiegenen psychischen Belastungen durch die aktuellen Krisen an. Psychotherapeut*innen sieht sie in diesem Kontext in einer Schlüsselrolle: „Für Ihre unverzichtbare Arbeit spreche ich Ihnen meinen herzlichen Dank und meine große Anerkennung aus.“ Im Hinblick auf die Bedarfsplanung richtete Anne Janz eine Forderung zur dringenden Handlung an die Bundesregierung.

Ehrung für Verdienste in der Kammerarbeit und für den Berufsstand

Besonders wichtig war es dem Kammervorstand im Rahmen des Hessischen Psychotherapeutentags die Arbeit zweier verdienter Personen hervorzuheben: Dr. Renate Frank und Prof. Dr. Fritz Mattejat wurden stellvertretend durch Dr. Winter für ihren Einsatz in der Kammer und für den Berufsstand geehrt. Dr. Winter dankte den beiden vor allem für ihr Engagement im Rahmen der Akkreditierungen und der berufsrechtlichen Anerkennung der neuen Approbations-Studiengänge für Klinische Psychologie und Psychotherapie an den vier hessischen Universitäten: Kassel, Marburg, Gießen und Frankfurt und zuletzt noch einer privaten Universität in Wiesbaden. Nach der Vorgabe des § 9 des Psychotherapeutengesetzes muss die für die Gesundheit zuständige Behörde, das Hessische Landesamt für Gesundheit und Pflege (HLfGP), die Einhaltung der berufsrechtlichen Voraussetzungen feststellen. An dieser Prüfung müssen Vertreter*innen der Berufspraxis mitwirken. In enger Zusammenarbeit mit dem HLfGP und den Universitäten schlug die PTK Hessen Dr. Renate Frank und Prof. Fritz Mattejat vor, die diese verantwortungsvolle und arbeitsintensive Aufgabe ehrenamtlich übernahmen. Mit diesem Vorgehen war das Hessische Modell für die Zusammenarbeit von Behörde, Kammer und Universitäten für die Akkreditierung der Studiengänge geboren, dass auch auf Bundesebene auf viel Anerkennung gestoßen ist und für einen erfolgreichen und reibungslosen Ablauf des Akkreditierungsverfahrens sorgte.

Für den Festvortrag konnte die Kammer die Wirtschaftsredakteurin Ulrike Herrmann gewinnen. Sie hielt einen interessanten und packenden Vortrag mit dem Titel "Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind – und wie wir in Zukunft leben werden." In ihrem Vortrag thematisierte sie die Hausforderungen des Klimawandels für unsere Gesellschaft und stellte verschiedene Ansätze dazu vor, wie das sogenannte "Grüne Schrumpfen" und die ökologische Kreislaufwirtschaft als Alternative zum Kapitalismus. Ein Konzept zur Umsetzung gäbe es dazu nicht, weshalb sie ein eigenes entwickelt hat: Konsum um 50 Prozent reduzieren, Fliegen ausgeschlossen, keine privaten Autos – zurück auf das Level von 1978. Damals seien die Menschen nicht weniger glücklich gewesen.  Haken sei allerdings, diese Transformation zu bewältigen, ohne Millionen von Arbeitslose zu generieren. „Wir müssen in Zukunft Milliarden ausgeben, für etwas, das wir bisher umsonst hatten: das Überleben der Menschheit auf der Erde“, abschließendes Zitat der Journalistin. Die Begeisterung im Publikum aber auch seitens der Referentin war groß, sodass Ulrike Herrmann auch über die offizielle Diskussionsrunde hinaus beim anschließenden Get Together mit den Gästen in Austausch kam.

Neuigkeiten aus der Forschung und Praxistipps

Der Samstag wurde von Vizepräsidentin Else Döring mit herzlichen Worten eröffnet. Trotz weiter steigenden Temperaturen, war der Saal erneut voll besetzt. Frau Döring nutzte die Gelegenheit, um sich bei allen Psychotherapeut*innen zu bedanken, die während der Krisenzeiten unermüdlich für ihre Patient*innen da waren. „Viele von uns sind während der Pandemiejahre oft bis an Ihre Belastungsgrenze gegangen, um die notleidenden Patient*innen zu versorgen. Viele haben trotz Ängsten vor Ansteckung ihre Praxen offengehalten und ihren Patient*innen in den schwierigen Zeiten beiseite gestanden.“

Anschließend folgten die Vorträge zum Titelthema des 12. HPT. Prof. Dr. Michèle Wessa präsentierte Ergebnisse aus der Resilienzforschung und erklärte, wie wir widerstandsfähig gegenüber Stress werden können. Dr. Christoph Kolbe referierte über den personalen Umgang mit schwierigen Lebenssituationen und Krisen. Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff sprach über die Resilienzperspektive in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie.

Nach der Mittagspause konnten die Teilnehmer*innen aus einem Angebot von insgesamt sieben Workshops auswählen. Prof. Dr. Michèle Wessa leitete den Workshop "Praxis der Resilienzforschung" und widmete sich wichtigen Themen, wie der Stressbewältigung und der Motivationsförderung. Dr. Christoph Kolbe bot währenddessen einen Workshop zum Thema "Umgang mit Krisen und schwierigen Lebenssituationen" an, bei dem die Teilnehmenden lernen konnten, wodurch sich Krisen charakterisieren und wie ein persönlicher Umgang mit Krisen gelingen kann. Beide Referent*innen schlossen damit an ihre Vorträge am Vormittag an.

Jun.-Prof. Dr. Johannes Ehrenthal leitete den Workshop "Depressive, nicht jedoch depressiogene Position - Ressourcen in der psychodynamischen Psychotherapie" und beschäftigte sich unter anderem mit der Frage, ob der spezifische Fokus auf Stärken bzw. Ressourcen in Psychotherapien einen Mehrwert bringe. Dr. Sandra Lentzen hibot den Workshop "Ressourcenorientierung in der psychodynamischen Kinder- und Jugendpsychotherapie" an, wobei spannende Begriffe, wie Krisen, Stress, Ressourcen und Widerstandsfähigkeit im Fokus standen. Zudem leitete Dipl. Psych. Andrea Kircher den Workshop "Ressourcen und Stärken bei Kindern und Jugendlichen fördern in der Verhaltenstherapie", bei dem sie die psychischen Auswirkungen von Krisen auf Kinder und Jugendliche deutlich machte und ressourcenorientierte Lösungen für den psychotherapeutischen Alltag mit Kindern und Jugendlichen vorstellte. Der Workshop "Meditation in der Psychotherapie“ wurde von Prof. Dr. Thomas Heidenreich geleitet und thematisierte relevante Formen der Meditation und deren Umsetzung.

Danke und bis zum nächsten Mal

Ein herzliches Dankeschön an alle Teilnehmer*innen und Referent*innen für neue Erkenntnisse und Praxistipps, für neue und wieder aufgefrischte Kontakte, für den offenen Austausch, konstruktive Diskussionen und zwei tolle gemeinsame Tage! Wir hoffen, dass Sie die Veranstaltung ebenso genossen haben wie wir! ​

Festvortrag
  • Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind –
    und wie wir in Zukunft leben werden.
    Ulrike Herrmann, taz
Vorträge
  • Wenn Stress krank macht: Neue Erkenntnisse zu den Auswirkungen von Stress auf die psychische Gesundheit
    Prof. Dr. Ulrike Ehlert, Universität Zürich
  • Dem Stress widerstehen – was macht uns resilient? Ergebnisse aus der Resilienzforschung,
    Prof. Dr. Michelle Wessa, Universität Mainz
  • Krisen als existenzielle Herausforderung. Über den personalen Umgang mit schwierigen Lebenssituationen
    Dr. Christoph Kolbe, Psychotherapeutische Praxis Hannover
  • Die Resilienzperspektive in der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
    Prof. Dr. Klaus Fröhlich-Gildhoff, Evangelische Hochschule Freiburg
Workshops
  • Praxis der Resilienzförderung
    Prof. Dr. Michelle Wessa, Universität Mainz
  • Umgang mit Krisen und schwierigen Lebenssituationen
    Dr. Christoph Kolbe, Psychotherapeutische Praxis Hannover
  • Stärken erkennen, Stärken nutzen in der Verhaltenstherapie
    Jun.-Prof. Dr. Jan Schürmann-Vengels, Universität Witten/Herdecke
  • Depressive, nicht jedoch depressiogene Position – Ressourcen in der psychodynamischen Psychotherapie
    Jun.-Prof. Dr. Johannes Ehrenthal, Universität Köln
  • Ressourcenorientierung in der psychodynamischen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie
    Dr. Sandra Lentzen, Psychotherapeutische Praxis Wiesbaden
  • Ressourcen und Stärken bei Kindern und Jugendlichen fördern in der Verhaltenstherapie
    Dipl.-Psych. Andrea Kircher, Universität Landau Kaiserslautern
  • Meditation in der Psychotherapie
    Prof. Dr. Thomas Heidenreich, Hochschule Esslingen

Mehr Informationen zum Programm und den Referent*innen finden Sie in unserer Veranstaltungsbroschüre.

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