Weiterbildung für Psychotherapeut*innen kommt in Gang – Bericht zur achten Delegiertenversammlung

22.03.2024 | Kategorien: |

Wichtigste Punkte auf der Tagesordnung: Finanzbericht und Jahresabschluss 2023, Änderungen verschiedener Satzungen und Ordnungen, Weiterbildung für Psychotherapeut*innen, Verabschiedung von zwei Delegierten, Nachwahlen von Ausschussmitgliedern, Resolutionen für Präventionsmaßnahmen zur Cannabislegalisierung und für die Demokratie, Vielfalt und Toleranz.

Weiterbildung für Psychotherapeut*innen kommt in Gang – Bericht zur achten Delegiertenversammlung der fünften Wahlperiode

Die achte Delegiertenversammlung (DV) der fünften Wahlperiode fand Mitte März in Wiesbaden statt. Neben dem Finanzbericht und dem Jahresabschluss 2023 standen die Änderungen verschiedener Satzungen und Ordnungen sowie die Weiterbildung für Psychotherapeut*innen. Zwei Delegierte wurden verabschiedet und in mehreren Ausschüssen Mitglieder nachgewählt. In ihren Resolutionen setzte die DV ein klares Zeichen für die Demokratie, Vielfalt und Toleranz und fordert Präventionsmaßnahmen begleitend zur Cannabislegalisierung.

Kammerpräsidentin Dr. Heike Winter eröffnete die achte Delegiertenversammlung mit zwei organisatorischen Neuheiten. Erstmals wurde die Sitzungsleitung durch Vertreter*innen des Präsidiums übernommen – den Vorstandsmitgliedern Birgit Wiesemüller und Prof. Dr. Rudolf Stark. Zusätzlich wurde eine digitale Rednerliste eingesetzt. Beides wurde von den Delegierten im Anschluss an die Versammlung mit positiver Auswirkung auf die Zusammenarbeit bewertet. „Uns als Präsidium gibt das neue System mehr Raum, uns auf die inhaltliche Diskussion zu fokussieren – ohne Ablenkung der bisherigen Doppelfunktion“, erklärt Dr. Winter.

Finanzbericht
Vorstandsmitglied Karl-Wilhelm Höffler schickte dem Finanzbericht eine Vorbemerkung voraus. Darin erklärte er, dass der Soll-Ist-Vergleich des Jahresabschlusses 2023, anstelle des kalkulierten Defizits, ein Plus von rund 10.000 Euro ergab. Gründe dafür, sind die erhöhte Zahl der Mitglieder in der höchsten Beitragsstufe, Verzögerung in den Ausgaben bei verschiedenen EDV-Projekten und nicht besetzte ausgeschriebene Stellen in der Geschäftsstelle sowie vermehrt digitale Sitzungen in den Kammergremien.

Im Rahmen des Finanzberichts erläuterte Horst Kuhl, Kaufmännischer Leiter der PTK Hessen, die Mitgliederstruktur und -entwicklung der Kammer. Zum Stand vom 07.03.2024 verzeichnet die Kammer eine Mitgliederzahl von 6.669 im Vergleich zu 6.621 im Oktober des letzten Jahres. Damit steigt die Mitgliederzahl weiterhin seit 2010 stetig. Insgesamt 3.910 Mitglieder sind aktuell in Hessen als Psychologische Psychotherapeut*innen (PP) tätig, 1.104 als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (KJP) und 188 Mitglieder haben eine Doppelapprobation inne. Im Vergleich zum Oktober ist eine Zunahme der Approbationen für PP zu verzeichnen, während die Zahlen für Doppelapprobationen und KJP leicht gesunken sind. Die Anzahl der Psychotherapeut*innen gemäß der neuen Weiterbildungsordnung ist seit Oktober von 4 auf 12 gestiegen.

Er stellte die Beitragseinnahmen sowie die EDV-Kosten für die Jahre 2022 und 2023 sowie den Jahresabschluss 2023 vor, der daraufhin einstimmig durch die Delegierten festgestellt wurde. Weiterhin wurde beschlossen, dass der Jahresüberschuss der Sonderrücklage „Weiterbildung“ zugeführt wird. Abschließend wurde der Vorstand entlastet. Horst Kuhl berichtet von positivem Feedback des Wirtschaftsprüfers, insbesondere für die zügige Umsetzung der Hinweise aus dem vorangegangenen Jahr. Die Delegiertenversammlung beschloss, im nächsten Jahr erneut die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft RGW Content GmbH & Co. KG zu beauftragen.

Änderung der Satzung der Schlichtungsstelle und der Aufwandsentschädigungsordnung
Der Kammervorstand beantragte die Anpassung der Satzung der Schlichtungsstelle, die von der Ausschussvorsitzenden Ursula Krämer überarbeitet wurde. Die Änderungen wurden zuvor im Ausschuss „Beschwerde und Schlichtung“ (BSA) diskutiert und der Änderung zugestimmt. Es handelte sich dabei vor allem um redaktionelle Änderungen. Die Aufwandsentschädigungsordnung wurde hinsichtlich der Erstattungsregelung für Bahncards angepasst. Der Anpassungsantrag des Vorstandes wurde angenommen.

Änderung der Berufsordnung
Die Delegiertenversammlung beauftragte den Ausschuss für etische Fragen und Berufsordnung (EBO) damit, die Integration digital gestützter Behandlungen in die psychotherapeutische Versorgung zu überprüfen, insbesondere im Hinblick auf diagnostische Erhebungen, Durchführung und Behandlungsqualität in der Berufsordnung. Der Ausschuss EBO schlug Änderungen vor, unter anderem beim Geltungsbereich und den Berufsbezeichnungen, die von der DV einstimmig beschlossen wurden. Zusätzlich wurde der Ausschuss für Qualitätssicherung (QS) beauftragt, die durch diese Entwicklungen aufgeworfenen Fragen bezüglich des Berufsbildes und des Selbstverständnisses der Profession zu untersuchen. Diesen Auftrag hat der Ausschuss bereits in einer ersten Beratung diskutiert, welche fortgesetzt werden soll. 

Status quo Weiterbildung für Psychotherapeut*innen
Dr. Heike Winter informierte über den aktuellen Stand der Anerkennungsverfahren für Weiterbildungsstätten nach der neuen Weiterbildungsordnung für Psychotherapeut*innen. Es liegen insgesamt 16 Anträge aus dem ambulanten und stationären Bereich vor.  „Wir freuen uns sehr darüber, dass die neue Weiterbildung in Gang kommt. Die vorliegenden Anträge zeigen, dass mit der Auslegung der Regelungen für Weiterbildungsstätten noch viel Arbeit vor uns liegt. Wir ermutigen Sie, sich mit Ihren Fragen an uns zu wenden und Anträge zu stellen – wir begleiten Sie auf Ihrem Weg zur Weiterbildungsstätte für Psychotherapeut*innen,“ betont die Kammerpräsidentin. Kritik übte Dr. Winter an mangelnden Finanzierung der Weiterbildung, die vor allem in der ambulanten Weiterbildung große Probleme in er Umsetzung erzeugen wird. Deutliches Fazit der Kammerpräsidentin; „Hier ist klar die Politik gefordert, Wege zu finden wie die Psychotherapeut*innen in Weiterbildung angemessen vergütet werden können.“

Personelle Veränderungen
Auch personell gab es Veränderungen. Neben der Wahl neuer Ausschussmitglieder verabschiedete sich die DV von zwei Delegierten. Kammerpräsidentin Dr. Winter dankte den ausscheidenden Delegierten für ihre tatkräftige Unterstützung und das Engagement für die Kammer. Dieter Wacker nutzte seine Abschiedsworte, an das Geisenheimer Manifest zu erinnern und die Vielfalt und Pluralität der Kammer zu betonen. Frau Anatoli Pimenidou drückte Ihre Freude über die Entwicklung der Kammer in Richtung Nachhaltigkeit aus, für die Sie sich in Ihrer Zeit eingesetzt hat. Zukünftig wird sie sich verstärkt dem PsychotherapeutenVersorgungsWerk (PVW) widmen, insbesondere der Umsetzung des Antrags auf nachhaltiges Investieren.

Ergebnisse der Nachwahlen von Ausschussmitgliedern

Finanzausschuss
Yvonne Winter
(Nachfolgerin für Wolfgang Schwerd)

Ausschuss für Qualitätssicherung
Julia Metzger (VT-AS)
(Nachfolgerin für Nicla Nimführ)
Steffen Schiele (PDL PP)
(Nachfolger für Dr. Sandra Maxeiner)

Ausschussvorsitz Ausschuss für Wissenschaft und Forschung
Dr. Anke Haberkamp
(Nachfolgerin für Prof. Dr. Julian Rubel) 

Ausschuss für ethische Fragen und Berufsordnung
Domenika Buyuklieva (VT-AS)
(Nachfolgerin für Petra Schirrmeister-Platner)
Susanne Walz-Pawlita (PDL PP)
(Nachfolgerin für Dieter Wacker)

Ausschuss Psychotherapie in der ambulanten Versorgung
Florian Schlögel (VT-AS)
(Nachfolger für Dr. Ewa Jonkisz, QdM)

Ausschussmitglied
Dr. Ewa Jonkisz (QdM)
(Nachfolgerin für Florian Schlögel)

Ausschuss für Aus- Fort- und Weiterbildung
Lisa Kallenbach-Kaminski (PDL PP)
(Nachfolgerin für Susanne Walz-Pawlita, PDL PP)

Resolutionen: Präventionsmaßnahmen zur Cannabislegalisierung & Zeichen für Demokratie, Vielfalt und Toleranz
Während ihrer achten Sitzung hat die Delegiertenversammlung Resolutionen zu drängenden Themen verabschiedet. Die erste Resolution der PTK Hessen bezieht sich auf die kommende Cannabislegalisierung und verweist auf das hohe Abhängigkeitspotenzial des Konsums bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen und auf die körperlichen, psychischen und sozialen Risiken hierbei. Vor diesem Hintergrund fordert die PTK Hessen die hessische Landesregierung auf, konkrete und strukturierte Maßnahmen zur Prävention und zur Behandlung cannabisbezogener Störungen, einzuführen. In einer weiteren Resolution stellt sich die PTK Hessen hinsichtlich des gegenwärtigen Rechtsrucks deutlich gegen jegliche Form der Diskriminierung, Hass und Gewalt. Die hessische Landesregierung wird aufgefordert, sich für die Demokratie, Vielfalt und Toleranz einzusetzen und hier eindeutige Maßnahmen zu schaffen. „Denn die demokratischen Werte sind auch die Basis für psychische Unversehrtheit und ein psychisch gesundes Aufwachsen und Leben von Individuen.“

Termine
9. Delegiertenversammlung 25./26. Oktober 2024
Ort: voraussichtlich Hotel Oranien, Wiesbaden

Deutsche Psychotherapeutentage
DPT, Würzburg 12./13. April 2024
DPT, Berlin 15./16. November 2024
DPT, Leipzig 16./17. Mai 2025
DPT, Berlin 14./15. November 2025

Abendveranstaltung: „Videotherapie in der ambulanten Versorgung“
Während der Pandemie hat die Videotherapie in der ambulanten Versorgung eine hohe Nachfrage erlebt und war für viele erkrankte Menschen eine wichtige Möglichkeit, weiterhin die Unterstützung ihrer Psychotherapeut*innen in Anspruch nehmen zu können. Nun stellt sich die Frage, wie sich dieser Behandlungskanal in Zukunft entwickeln und auf die ambulante psychotherapeutische Versorgung auswirken wird. Viele offene Fragen stehen im Raum: Dürfen Psychotherapeut*innen ausschließlich digital behandeln? Sind Praxisräume dennoch erforderlich? Welcher Landeskammer wären sie ohne Praxissitz zugehörig? Was bedeutet die Entstehung großer Behandlungskonzerne, die ausschließlich digitale Behandlung anbieten? Welche Rolle wird die KI im Kontext digitaler Behandlungsangebote spielen?

Um diesem Thema und der Beantwortung der Fragen näher zu kommen, fand im Anschluss an den ersten Tag der DV eine vertiefende Abendveranstaltung zum unter dem Titel „Videotherapie in der ambulanten Versorgung“ statt. Moderiert wurde der Abend von Else Döring, Vizepräsidentin PTK Hessen. Dr. Alessa Jansen (BPtK) hielt einen digitalen Vortrag, indem sie den Status Quo der Videotherapie anhand zweier Studien vorstellte. Sie präsentierte zunächst eine Umfrage der BPtK, aus der hervorgeht, dass 90 Prozent der Befragten sich vorstellen können, auch nach der Pandemie Videotherapie anzubieten, jedoch nicht in gleichem Maße. Bemängelt wurden insbesondere die leidende Qualität der Behandlung bei Verbindungsproblemen. Darüber hinaus werde einerseits der Zugang zur Psychotherapie für bestimmte Gruppen erleichtert, beispielsweise körperlich eingeschränkte Personen. Andererseits werde der Zugang für die Gruppe der Menschen, die ohnehin weniger gut von dem vorhandenen Behandlungsangebot erreicht wird, durch das digitale Angebot noch erschwert. Dabei handele es sich zum Beispiel um Geflüchtete.

Die Ergebnisse der Studie von Prof. Dr. Julian Rubel, Universität Osnabrück (früheres Mitglied der PTK Hessen), zeigten, dass die Zufriedenheit im Zuge der Videotherapie nicht schlechter geworden sei, jedoch aber die wahrgenommene Distanz zwischen Patient*innen und Psychotherapeut*innen beidseitig größer empfunden wird. Aus Sicht des Berufsstandes sei die Wirksamkeit der Behandlung durch Videotherapie verschlechtert. Genau dieser Aspekt drückte sich auch in der anschließenden Diskussion aus ebenso wie der Wunsch nach mehr Forschung in diesem Bereich. Große Sorge bereitet, dass die therapeutische Beziehung unter Videotherapie leiden könnte und die Chance für Patient*innen mit Angsterkrankungen, durch die Distanz der Videotherapie leichter in die Vermeidung gehen könnten.

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