Meilenstein: Hessische Weiterbildungsordnung verabschiedet!

18.07.2022 | Kategorien: |

Die Delegiertenversammlung der Psychotherapeutenkammer Hessen (PTK Hessen) hat mit 96 Prozent der Stimmen die neue Weiterbildungsordnung (WBO) für Psychotherapeut*innen verabschiedet. Nach Freigabe durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration kann die Weiterbildungsordnung zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Hessische Weiterbildungsordnung verabschiedet!

Die Delegiertenversammlung der Psychotherapeutenkammer Hessen (PTK Hessen) hat die neue Weiterbildungsordnung (WBO) für Psychotherapeut*innen am Samstag, den 16. Juli 2022 mit 96 Prozent der Stimmen verabschiedet. Damit ist der letzte Schritt auf dem langen Weg der Ausbildungsreform begangen. Nach Freigabe durch das Hessische Ministerium für Soziales und Integration kann die Weiterbildungsordnung zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.

„Mit der Verabschiedung der Weiterbildungsordnung feiern wir einen historischen Moment, auf den wir zehn Jahre hingearbeitet haben. Im Namen des Vorstandes danke ich allen Delegierten für die gute Zusammenarbeit und die konstruktiven Diskussionen. Wir haben gemeinsam einen wichtigen Meilenstein für die Zukunft unseres Berufsstandes erreicht,“ betont Dr. Heike Winter, Präsidentin der PTK Hessen.

Der Beschluss des 25. Deutschen Psychotherapeutentags in 2014 gab den offiziellen Anstoß zur Reform. Ziel war es insbesondere, eine bundeseinheitliche staatliche Ausbildung mit Approbationsstudium und anschließender Fachqualifikation in einer Weiterbildung zu etablieren, analog zur Medizin. Mit der Verabschiedung des neuen Psychotherapeutengesetzes und der Approbationsordnung in 2019 wurden die Voraussetzungen dafür geschaffen. Darin wurden die Inhalte und die Durchführung des neuen Psychologiestudiums mit Schwerpunkt Psychotherapie geregelt. Für die nach dem Approbationsstudium zu absolvierende Weiterbildung zur Erlangung der Fachkunde wurde zunächst 2021 die Musterweiterbildungsordnung durch den Deutschen Psychotherapeutentag beschlossen. Aufbauend darauf haben der Vorstand, die Delegierten, die Ausschussmitglieder und weitere engagierte Funktionäre der PTK Hessen in den vergangenen Monaten die hessische Weiterbildungsordnung erarbeitet.

Eckpunkte der Weiterbildungsordnung für Psychotherapeut*innen

Die WBO regelt die Qualifikation der nach neuem Recht approbierten Psychotherapeut*innen und orientiert sich an den Vorgaben des hessischen Heilberufsgesetzes. Das Heilberufsgesetz enthält die Ermächtigung, Weiterbildungsordnungen als autonomes Recht der Landeskammern zu erlassen. Es setzt damit die gesetzlichen Rahmenbedingungen für Art, Inhalt, Dauer und den zeitlichen Ablauf der Weiterbildung.

Im Abschnitt A Paragrafenteil der WBO für Psychotherapeut*innen wird festgelegt, dass die Weiterbildung in drei verschiedenen Gebieten erfolgt:

Psychotherapeut*in für Erwachsene
Psychotherapeut*in für Kinder und Jugendliche
Neuropsychologische Psychotherapeut*in

Sie muss hauptberuflich und angemessen vergütet absolviert werden, wobei die Zeiten der Theorievermittlung, Supervision und Selbsterfahrung in der bezahlten Arbeitszeit integriert sind. Der Umfang der Tätigkeit beträgt im stationären Teil der Weiterbildung mindesten 50 Prozent einer Vollzeittätigkeit, während des ambulanten Teils der Weiterbildung mindestens 25 Prozent einer Vollzeittätigkeit.

Die Weiterbildung erfolgt unter verantwortlicher Leitung ermächtigter Psychotherapeut*innen in fachlich weisungsabhängiger Stellung an zugelassenen Weiterbildungsstätten. Die Voraussetzungen für die Erlangung der Ermächtigung für Psychotherapeut*innen und Weiterbildungsstätten werden in Abschnitt A, dem Paragrafenteil, definiert. Die Ermächtigungen sind auf sieben Jahre befristet und können auf Antrag verlängert werden. Zugelassene Weiterbildungsstätten können zur Durchführung der Weiterbildung miteinander kooperieren und zudem auch mit Weiterbildungsinstituten, sodass die Theorie, die Selbsterfahrung sowie die Supervision durch das Institut angeboten werden kann.

Die absolvierten Weiterbildungsteile sind von dem*der Psychotherapeut*in in Weiterbildung (PtW) schriftlich oder elektronisch zu dokumentieren und von der/dem Ermächtigten zu bestätigen. Am Ende der Weiterbildungszeit findet eine halbstündige mündliche Prüfung vor einem dreiköpfigen von der Psychotherapeutenkammer berufenen Prüfungsausschuss statt.

Neues Weiterbildungsgebiet: Neuropsychologische Psychotherapie

Bei der Neuropsychologischen Psychotherapie handelt es sich um ein Weiterbildungsgebiet, das Inhalte aufnimmt, die in der Weiterbildungsordnung für Psychologische Psychotherapeut*innen (PP) und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen (KJP) bisher nur als Zusatzweiterbildung möglich war. Inhalte sind die Prävention, Diagnostik, Therapie und Rehabilitation von kognitiven, behavioralen und emotional-affektiven Störungen infolge/bei verletzungs- oder erkrankungsbedingten Hirnfunktionsstörungen im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter.

Dabei gibt es Besonderheiten: Zum einen handelt es sich um ein altersübergreifendes Gebiet und zum anderen wird die Verbindung mit einem Verfahren vorgegeben, das die*der PTW auswählt. Eine erhöhte Flexibilität besteht bezüglich der Zuordnung einer Weiterbildungsstätte zur stationären, ambulanten sowie institutionellen Weiterbildung. Zusätzlich können bis zu 12 Monate der Weiterbildung in einem anderen Gebiet eingebracht werden.

Anforderungen der Weiterbildung in Kürze

Die Anforderungen an die Weiterbildung in den jeweiligen Gebieten und gebietsübergreifende Anforderungen werden in Abschnitt B definiert

Psychotherapie für Kinder und Jugendliche

Mindestens 60 Monate bei Vollzeitweiterbildung, davon

  • mindestens 24 Monate in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung für Kinder und Jugendliche
  • mindestens 24 Monate in Einrichtungen der Psychiatrie, Psychosomatik, Suchtrehabilitation oder weiteren Einrichtungen der (teil-)stationären psychotherapeutischen Versorgung, davon mindestens 12 Monate in Einrichtungen für Kinder und Jugendliche
  • bis zu 12 Monate in weiteren institutionellen Bereichen
  • bis zu 12 Monate in einem anderen Gebiet
  • Diagnostik und Behandlung in (mindestens) einem in der Weiterbildung vertieften wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieverfahren

 

Psychotherapie für Erwachsene

Mindestens 60 Monate bei Vollzeitweiterbildung, davon

  • mindestens 24 Monate in der ambulanten psychotherapeutischen Versorgung für Erwachsene
  • mindestens 24 Monate in Einrichtungen der Psychiatrie, Psychosomatik, Suchtrehabilitation oder weiteren Einrichtungen der (teil-)stationären psychotherapeutischen Versorgung
  • bis zu 12 Monate in weiteren institutionellen Bereichen
  • bis zu 12 Monate in einem anderen Gebiet
  • Diagnostik und Behandlung in (mindestens) einem in der Weiterbildung vertieften wissenschaftlich anerkannten Psychotherapieverfahren

 

Neuropsychologische Psychotherapie

Mindestens 60 Monate bei Vollzeitweiterbildung an zugelassenen Weiterbildungsstätten oder Verbünden der neuropsychologischen Versorgung, davon

  • mindestens 12 Monate in einer stationären/teilstationären Einrichtung und mindestens 12 Monate in einer multidisziplinär arbeitenden Einrichtung
  • mindestens 24 Monate in einer ambulanten Einrichtung
  • bis zu 12 Monate in weiteren institutionellen Bereichen
  • bis zu 12 Monate in einem anderen Gebiet

 

Abschnitt C regelt die Fachkenntnisse und Handlungskompetenzen für den Fachpsychotherapeutenstandard wie er im Rahmen der Gebietsweiterbildungen in mindestens einem Psychotherapieverfahren vertieft erworben werden muss. Dazu gehören:

  • Analytische Psychotherapie
  • Systemische Therapie
  • Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
  • Verhaltenstherapie

 

Welche Zusatzweiterbildungen gibt es in der neuen WBO?

Im Abschnitt D der WBO werden die Zusatzweiterbildungen geregelt, die nach Abschluss der Weiterbildung erlangt werden können. Dazu zählen sowohl Gebiete als auch Verfahren. Im Unterschied zur Musterweiterbildungsordnung der Bundespsychotherapeutenkammer, enthält die WBO der PTK Hessen im Bereich D zusätzlich das Psychotherapieverfahren „Gesprächspsychotherapie Erwachsene“. Wie bereits in der WBO für PP und KJP, wird die Gesprächspsychotherapie für Erwachsene in Hessen weiterhin zur vertieften Ausbildung empfohlen und damit berufsrechtlich anerkannt.

Gebiete

  • Spezielle Psychotherapie bei Diabetes
  • Spezielle Schmerzpsychotherapie
  • Sozialmedizin

Verfahren

  • Analytische Psychotherapie
  • Systemische Therapie
  • Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie
  • Verhaltenstherapie
  • Gesprächspsychotherapie Erwachsene
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